Struma
Was ist das?
Eine Struma wird auch als „Kropf“ bezeichnet.
Dabei handelt es sich um eine mehr oder weniger sichtbare Vergrößerung der Schilddrüse. Meistens liegt dieser Vergrößerung eine Knotenbildung in der Schilddrüse zugrunde. Schilddrüsenknoten lassen sich bei ca. 30 % der Frauen und 20 % der Männer diagnostizieren. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Zysten. Das sind flüssigkeitsgefüllte Hohlräume in der Schilddrüse. Allerdings können sich nicht selten auch echte Gewebsknoten bilden.
Die genannten Veränderungen in der Schilddrüse kann man unterscheiden nach
- ihrem Verhalten (gutartig oder bösartig)
- der Stoffwechselaktivität im Knoten (warmer oder heißer Knoten=viel Hormonaktivität; kalter Knoten=wenig oder keine Hormonaktivität)
- der Hormonlage im Körper (Überfunktion=Hyperthyreose; normale Funktion=Euthyreose; Unterfunktion=Hypothyreose)
Dabei ist die Schilddrüse kein unabhängig arbeitendes (autonomes) Organ. Ihre Aktivität wird – zumindest im gesunden Zustand – von Hormonen aus dem Gehirn gesteuert. Die häufigste Ursache der Kropfbildung und Knotenbildung ist der Jodmangel. Menschen in Jodmangelgebieten (z.B. Eifel, Hunsrück, Schweiz) leiden häufiger an Kropfbildung. Wir wissen heute, dass der Jodmangel aber nur eine Ursache darstellt. Hinzu kommt die Bildung von Wachstumshormonen in der Schilddrüse selbst und genetische Veränderungen. Dabei unterscheiden sich die genetischen Veränderungen je nach Art des Knotens. So hat man festgestellt, dass in Knoten mit viel Aktivität, die sich der Kontrolle des Gehirns entzogen haben (sog. autonomes Adenom), Genveränderungen vorliegen, die das Wachstum des betreffenden Schilddrüsengewebes anregen. In Knoten mit wenig Aktivität (sog. kalter Knoten) ist eine genetische Veränderung der Jodaufnahme nachweisbar. In beiden Knotenformen scheinen sog. Rezeptoren für Wachstumshormone genetisch verändert zu sein.
Das Risiko, dass Knoten bösartig sind, ist insbesondere beim „kalten Knoten“ erhöht. Auch bei der Entstehung des Schilddrüsenkrebses scheinen genetische Veränderungen eine Rolle zu spielen. Dabei unterscheiden wir „Onkogene“ von „Tumor-Supressor-Genen“. Onkogene fördern die Krebsentstehung, Tumor-Supressor-Gene unterdrücken die Krebsentstehung. Beim Schilddrüsenkrebs kommt es – je nach Typ – zur Aktivierung von Onkogenen oder Inaktivierung von Tumor-Supressor-Genen. Neben den gutartigen und bösartigen Knoten kennen wir eine dritte wichtige Gruppe der Schilddrüsenerkrankungen: die Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Der wichtigste Vertreter der Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse ist der „Morbus Basedow“ oder die „Basedow`sche Krankheit“. Ursache der Erkrankung ist die Bildung sogenannter Antikörper gegen den Rezeptor des Hormons, das im Gehirn gebildet wird und die Aktivität der Schilddrüse steuert (Thyroidea stimulierendes Hormon= TSH). In der Folge kommt es einerseits zum Einwandern von Entzündungszellen in die Schilddrüse, andererseits zu einer Aktivierung der Schilddrüse. Daher äußert sich der Morbus Basedow als Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose). Ein Charakteristikum des Morbus Basedow ist die Ausbildung von vorstehenden Augäpfeln (Orbithopathie). In schweren Fällen kann das Augenlid nicht mehr geschlossen werden. Es gibt eine genetische Veranlagung zur Entwicklung eines Morbus Basedow. Die genauen Mechanismen sind noch nicht bekannt.
Was kann man tun?
Jede Schilddrüsenveränderung sollte zunächst genau untersucht werden. Zu den notwendigen Untersuchungen gehören
- Abtasten
- Ultraschall
- Szintigraphie
- Hormonbestimmungen im Blut
- Evtl. Punktion
Durch die genannten Untersuchungen kann die Veränderung genau zugeordnet werden. Dann erfolgt die spezifische Therapie. Eine einfache Vergrößerung der Schilddrüse wird mit Gabe von Jod und Schilddrüsenhormon behandelt. Dadurch wird der Jodmangel als Ursache der Vergrößerung beseitigt und die Bildung des TSH im Gehirn, also des Hormons, welches die Schilddrüse wachsen lässt, vermindert. Damit kann das Schilddrüsenwachstum gestoppt werden, ein Rückgang der Vergrößerung findet in der Regel nicht statt. Daher wird bei Beschwerden durch die Schilddrüsenvergrößerung (Schluckstörung, Klos im Hals, Atembehinderung, ästhetische Einschränkungen) eine Operation empfohlen.
Das Adenom kann operativ oder durch Radiojodtherapie behandelt werden. Bei kleineren Knoten wird eher die Radiojodtherapie vorgenommen. Hierbei verändert sich die Größe nicht, nur die Überfunktion wird beseitigt. Größere Knoten werden eher operiert, da mit der Operation der gesamte Knoten entfernt wird. Vorteil der Radiojodtherapie ist die Vermeidung möglicher Komplikationen der Operation, Nachteil eine – wenn auch geringe – Strahlenbelastung und der Verbleib des Knotens sowie die Unmöglichkeit der feingeweblichen Untersuchung. Vorteil der Operation ist die sofortige Beseitigung des Knotens, die Sicherung der feingeweblichen Diagnose (bösartig, gutartig) sowie – bei großen Knoten – die Beseitigung von Beschwerden durch den Knoten selbst (z.B. Schluckstörung, Klosgefühl, geschwollener Hals). Nachteil der Operation sind die möglichen Risiken (Stimmbandschädigung, Störung des Kalziumstoffwechsels). Diese Risiken liegen in einer Höhe von ca.1-2% und werden durch spezielle Massnahmen weiter verringert (s.u. „Was bietet das Klinikum Bad Hersfeld").
Der kalte Knoten sollte wegen des erhöhten Risikos der Entartung operativ entfernt werden, bei begründetem Verdacht auf Bösartigkeit (Größenzunahme, Lymphknotenschwellung, Verdacht nach Punktion) muss operiert werden. Zu beachten ist, dass die Punktion oft unsichere Ergebnisse bringt. Die Beurteilung der Bösartigkeit/Gutartigkeit ist gerade bei Schliddrüsenveränderungen besonders schwierig und kann manchmal erst nach Entnahme des Knotens gesichert werden. Bei der Punktion können aber nur einzelne Zellen untersucht werden, nicht der gesamte Knoten!
Beim Schilddrüsenkrebs wird die gesamte Schilddrüse entfernt und zusätzlich die möglicherweise befallenen Halslymphknoten. Eine Ausnahme bildet das sogenannte „kleine, papilläre Schilddrüsenkarzinom“ (<1cm). In diesem Fall braucht lediglich der befallenen Schilddrüsenlappen entfernt werden. Die operative Behandlung des Schilddrüsenkrebses ist sehr differenziert und muss – auf den einzelnen Patienten zugeschnitten – mit dem behandelnden Operateur besprochen werden. Nach der Operation des Schilddrüsenkrebses ist in der Regel eine Radiojodtherapie („innere Bestrahlung“) notwendig. Beim M. Basedow ist die fast-totale Entfernung der Schilddrüse die Therapie der Wahl. Verbleiben nach der Operation größere Schilddrüsenreste, kommt es – genau wie nach Radiojodbehandlung – häufiger zum Rückfall.
Was bietet das Klinikum Bad Hersfeld?
Am Klinikum Bad Hersfeld werden sämtliche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen angeboten. In der Abteilung für Allgemein-Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie werden Teile der Diagnostik sowie die Operationen an der Schilddrüse vorgenommen. Während der Operation wird die Kontrolle der Funktion des Stimmbandnerven – das sogenannte Neuromonitoring – routinemäßig vorgenommen. Dabei kommt bei uns ein besonders schonendes Verfahren zum Einsatz. Die Nervenfunktion wird nicht über Nadelelektroden, die in den Kehlkopf eingestochen werden müssen, kontrolliert, sondern über Streifenelektroden, die in den Beatmungsschlauch eingearbeitet sind. Dadurch kann das verletzende Einstechen von Elektroden in den Schildknorpel vermieden werden!
Zusätzlich arbeitet der Operateur während der Operation immer mit einer Lupenbrille, was die Sicherheit bei der Schonung der sehr feinen Strukturen wie Stimmbandnerv und Nebenschilddrüsen noch einmal erhöht. Die Abteilung für Allgemein-Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie gehört zu den wenigen Kliniken, in denen Schilddrüsenknoten auch minimal invasiv, d.h. ohne großen Schnitt entfernt werden (MIVAT Methode).
Da am Klinikum Bad Hersfeld ein Institut für Pathologie angegliedert ist, kann sämtliches Gewebe noch während der Operation auf Gutartigkeit/Bösartigkeit untersucht werden (sog. Schnellschnitt). Dadurch werden Wiederholungsoperationen vermieden. Sollte beim Schilddrüsenkrebs eine Nachbehandlung erforderlich sein (Radiojodtherapie), wird auch diese Therapie angeboten.