Was tun, wenn die Bauchwand bricht?
Fragen und Antworten zu Hernien
Wenn die Bauchwand bricht, ist die sogenannte Hernienchirurgie gefragt. Die Abteilung für Allgemein-Viszeral-Minimalinvasive Chirurgie am Klinikum in Bad Hersfeld ist nun ein zertifiziertes Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie. Jochen Wiegand, Leitender Oberarzt, und PD Dr. Peter Vogel, Chefarzt, beantworten Fragen zum Bauchwandbruch:
Was sind Hernien und wie bemerkt man sie?
„Hernien beschreiben Brüche der Bauchwand. Am häufigsten kommen Leisten- und Nabelbrüche vor“, sagt Wiegand. Bei so einem Bruch bekommt die Muskelhaut der Bauchdecke ein Loch, meist merkt der Patient es durch eine Beule oder Schmerzen, Druck und ein Ziehen in dem Bereich. „Durch das Loch in der Bauchwand kann Fettgewebe rutschen, aber auch Teilstücke des Darms. Wenn die sich verklemmen, wird es für den Patienten lebensgefährlich“, warnt Wiegand. In so einem Fall muss man umgehend ins Krankenhaus und notfallmäßig operieren werden.
Wie relevant und häufig ist das Problem von Bauchwandbrüchen?
„Die Leistenbruch-Operation ist die häufigste OP in Mitteleuropa“, berichtet Wiegand. Früher lag die Wahrscheinlichkeit, dass eine operierte Hernie wieder aufbricht, bei zehn bis 15 Prozent. „Wir haben das Operationsverfahren weiterentwickelt, neue Techniken und neues Material helfen zusätzlich. Bei den Verfahren, wie wir sie heute anwenden, liegt die Rückfallrate bei einem bis eineinhalb Prozent“, so Wiegand.
Wie kann man einen Bruch der Bauchwand heilen?
Von selbst geht er nicht weg – gegen so einen Bruch verhilft laut Wiegand und Vogel nur eine Operation. Das Verfahren hat sich gewandelt: Früher wurden die Brüche einfach zugenäht. „Das hatte zur Folge, dass die Schwachstellen wieder aufgerissen sind“, so Wiegand. Heute verwendet man überwiegend Netze, die bei der Operation auf der Innenseite der Bauchdecke fixiert werden und deutlich größer sind als das Loch, damit es immer vom Netz bedeckt ist. „Das Netz bleibt dauerhaft im Körper und verhindert, dass die Bauchdecke erneut aufbricht“, erklärt Wiegand. Er warnt vor sogenannten Bruchbändern: Sie schädigen die Haut und können das ausgetretene Gewebe zusätzlich einklemmen. Man sollte sich von einem spezialisierten Arzt beraten lassen, empfiehlt Vogel – nur er kann einschätzen, was bei einem Bauchwandbruch zu tun ist. Die Beratung durch einen Spezialisten ist auch deshalb sinnvoll, weil es verschiedene Operationen gibt und nicht jede OP für jeden Bruch sinnvoll ist. „Das Verfahren muss auf jeden einzelnen Patienten und seine Bruchform abgestimmt werden“, so Vogel.
Bei welchen Menschen treten Brüche der Bauchwand auf?
„Prinzipiell kann es jeden treffen“, macht Vogel deutlich. Auch junge, sportliche Menschen sind nicht davor geschützt. Ein erhöhtes Risiko besteht bei genetischer Veranlagung, zum Beispiel einer Bindegewebsschwäche, bei Übergewicht und bei schwangeren Frauen. „Alles, was den Druck im Bauchraum erhöht, lässt die Gefahr einer Hernie steigen“, erklärt Wiegand. Das kann auch durch Husten verursacht werden, also besteht bei Menschen mit chronischer Bronchitis und bei Rauchern ein erhöhtes Risiko. „Grundsätzlich entstehen Brüche dort, wo die Bauchwand schwach ist“, sagt Vogel.
Wann wird eine Hernie gefährlich?
Wenn Gewebe durch das Loch in der Bauchwand durchtritt, ist das noch nicht gefährlich – erst, wenn es eingeklemmt wird und der Patient starke Schmerzen hat. „Dann sollte man keinesfalls zögern oder warten, sondern direkt ins Krankenhaus fahren“, fügt Wiegand hinzu.
Hintergrund
Zertifikat für Kompetenzen
Die Abteilung für Allgemein-, Viszeral- u. Minimalinvasive Chirurgie am Bad Hersfelder Klinikum hat von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie ein Zertifikat erhalten – als Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie. Seit etwa drei Jahren nimmt das Krankenhaus an einer Studie teil und gibt die Daten von Hernien-Patienten an. In dieser Zeit wurden am Klinikum fast 1000 Bauchwandbrüche operiert. Die Prüfung befasste sich unter anderem mit der Ergebnisqualität – dabei konnte die Abteilung von Dr. Peter Vogel bessere Werte nachweisen als von der Fachgesellschaft gefordert. Betont wurde, dass der Abteilung vier Viszeralchirurgen zur Verfügung stehen. Dies ermöglicht eine Versorgung rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr speziell für Patienten mit Bauchwandbrüchen.
Außerdem gibt es eine Sprechstunde montags von 13 bis 15 Uhr für Patienten mit Bauchwandbrüchen. Termine dafür können über die Ambulanz, Telefon 06621 / 88 922645, vereinbart werden. (lth)
Artikel aus der Hersfelder Zeitung vom 12.04.2017